Geschichte

Im Zuge der Umgestaltung und Renovierung des Jugendhauses in den 90er Jahren wurde auch ein Personalhaus gebaut mit einer Klausur für die Ordensschwestern, die im Jugendhaus leben. Dazu gehörte natürlich auch eine kleine Kapelle, die die alte sog. Schwesternkapelle im Innenhof ersetzen sollte. Diese kleine Kapelle entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer äußerst attraktiven Einheit von  spirituellem Lebensort der Ordensschwestern und kleinem Gottesdienstraum für die Jugendlichen im Hause. Die Gäste sind eingeladen, am spirituellem Leben der Schwestern teilzunehmen oder sie können auch in der beschaulichen Atmosphäre der Kapelle ihren eigenen Gottesdienst feiern. Die kleine Kapelle ist durch den meditativen Klanggarten an die große Kirche angebunden und wie die große St. Altfrid Kirche hat auch die kleine Kapelle ihre eigenen Geschichten und Geheimnisse.

Name der Kapelle

Es sollte ein Frauenname sein, es gab auch viele gute Vorschläge, aber für diese Kapelle war keiner der große Wurf – so ließ man sich Zeit mit der Entscheidung. Zur Zeit des Kapellenbaus kam öfter ein kleines Mädchen mit seiner Mutter zur Baustelle. Dieses kleine Mädchen war außerordentlich neugierig, registrierte jede Veränderung und interessierte sich auch dafür, was in der großen Kirche passierte. Am schönsten fand sie Trauungen. Das kleine Mädchen hieß Lioba. Ihre Eltern standen in freundlicher Distanz zur Kirche und wählten für ihr Kind den vermeintlich nichtchristlichen altgermanischen Namen Lioba, ohne zu wissen, dass es eine gewisse heilige Äbtissin Lioba gibt – ihr Fest wird am 28. September gefeiert -, die sich in ihrem Leben besonders der Mädchenerziehung gewidmet hatte. Der Name Lioba heißt übersetzt „Liebling“. Diese kleinen Fingerzeige wurden dankbar aufgenommen und so sagte man: „Wenn die heilige Lioba sich auf so liebevolle Weise meldet, dann soll sie auch die Kapelle bekommen!“ So kam mit dem kleinen Mädchen auch die heilige Lioba in die Kapelle. Und ihre Geschichte ging weiter:

Die Lioba Statue

Die ca. 1,20 m hohe Figur, von F.J. Kirchhoff aus Gelsenkirchen geschaffen, steht auf einem silberleuchtenden Sockel. Sie ist dargestellt als junge, dynamische Frau, die im Aufbruch begriffen ist. Den Äbtissinnenstab hält sie wie einen Wanderstock als Zeichen ihres Unterwegssein. In der anderen Hand hält sie die heilige Schrift und eine Glocke, welche an einen Traum ihrer Mutter kurz vor der Geburt erinnert. Die träumte nämlich, dass unter ihrem Herzen anstelle eines Kindes eine Glocke ruhte, und erhielt von einer weisen Ordensfrau die Deutung, dass das Kind, welches sie erwartete, einmal wie eine Glocke in die Kirche und in die Welt hineinläuten sollte. Ihr rotes Übergewand ist ebenfalls ein Traumsymbol. Lioba sah nämlich träumend aus ihrem Mund einen roten Faden herauswachsen, in der Deutung der rote Faden des Heiligen Geistes, der sich durch Liobas gesamtes Leben zog. Die anderen Farben in der Kleidung geben im Grün die Hoffnung, im Blau die Verbundenheit zu Gott und schließlich in den Schuhen die feste Erdverbundenheit wieder.

Zu ihren Füßen sitzt ein staunendes kleines Mädchen – die kleine Lioba, durch die die Kapelle den Namen bekommen hat. Von Gott hat sie noch wenig gehört. Die Heilige blickt sie liebevoll an und lädt sie ohne Wort zum Mitgehen ein. Die Kleine hält beide Hände überrascht vor den Mund, sie betrachtet staunend die Welt und scheint ihre Situation zu genießen. Sie sitzt auf einem gelb-schwarzen Kissen, das sind die Farben ihres Lieblingsvereins, der Borussia aus Dortmund.

Die kleine Lioba steht für alle Mädchen und Jungen, denen Gott das Leben geschenkt hat. Die heilige Lioba fragt nicht nach Stand und Konfession, nicht nach Bildung und Ausstattung: Wer kommt, der gilt, so wie er ist.

Der Grundstein 

Der schlichte Grundstein zeigt die Jahreszahl 1997 und ein paar Kinderhände – von den Händen die Außenseite. Es sind die Hände, die die kleine Lioba an der Liobastatue staunend vor dem Mund hält.

Es ist die Einladung zum vorurteilfreien, arglosen, offenen Staunen, so wie man es sich von Kindern abschauen kann. Die kleine Lioba hat nicht nur ihre Hände auf die Außenseite des Steins gedrückt, sie durfte auch die Rolle mit den Dokumenten in den Grundstein legen.

Die Schutzmantelmadonna 

Schon während der Planung der Lioba Kapelle wurde der Ort für eine Marienstatue mitberücksichtigt. Aber schon damals waren die finanziellen Mittel des Bistums außerordentlich knapp und an eine Realisierung wagte keiner zu denken. Doch der Traum blieb lebendig, deshalb dachte der Generalvikar sofort an die Lioba-Kapelle, als ihm eine Erbschaft für eine Marienfigur zur Verfügung gestellt worden war, deren Betrag ziemlich genau den Kosten der geträumten Marienfigur entsprach.

Der Künstler der Lioba Figur F.J. Kirchhoff schuf nun eine Schutzmantelmadonna, deren Mantel wirklich weit genug war für all die verrückten und ängstlichen, schüchternen und knallharten Jugendlichen und deren Gedanken und Träume.

Maria, Frau und Mutter, ist in ein schlichtes rotes Gewand gekleidet, in die Farbe des Geistes und der Liebe. Ihre Strümpfe tragen die grüne Farbe der Hoffnung und in zwei karminroten Schuhen steht sie fest mit der Erde verbunden auf dem Boden. Maria ist Königin, den Goldreif im wehenden Haar, den weiten Mantel wie das Himmelszelt ausgebreitet, von außen golden für die Nähe Gottes, von innen himmelblau auf der Seite der Menschen. Ihre Konzentration ist auf das quirlige Jesuskind gerichtet, das versucht, von ihrem linken Arm hinunter zu den Kindern und Menschen und Tieren zu gelangen, die zu ihren Füßen im Schutze des Mantels Platz gefunden haben.

Dort steht eine Ordensschwester. Sie steht am Rande des Mantels und hält sich an ihm fest, als wäre sie ein Teil von ihm. Die linke Hand umfasst ein goldenes Buch, die Heilige Schrift, von der sie sich leiten lässt, ohne den Blick für die Wirklichkeit und die Sorge um die konkret nahen Menschen zu vergessen.

Der ihr am nächsten stehende Mensch sieht neugierig hinauf zu dem Kind und hält sich am Saum des Schutzmantels feste. Er trägt die Fahne und die blau-weiße Kleidung diverser Fußballvereine aus der Umgebung (nachdem die gelb-schwarze Borussia aus Dortmund bei der Lioba Figur erwähnt wurde, stehen hier für das blau-weiß der MSV Duisburg, FC Schalke 04 und VFL Bochum, doch der Gelsenkirchener Künstler hat fast versteckt auf der Brust des Fans das Zeichen vom FC Schalke abgebildet). Um mit dem „Kind“ zu spielen, muss er sich nicht „umziehen“, sich nicht verändern, seinem Leben keine anderen Koordinaten zuweisen. Mit all seiner Lebendigkeit trägt er zum Farbenreichtum der Nähe Gottes bei.

Auf der anderen Seite des Mantels sitzt still ein Mädchen. Es wirkt schüchtern, scheint sich in eine Falte des Himmels zu kuscheln und gleichzeitig voll Staunen das Material des Mantels zu befühlen. Direkt daneben sitzt die kleine Lioba. Seit sie zu Füßen der großen Lioba Figur saß, ist sie gewachsen, größer und freier geworden. Das alles ist ihr Raum, den sie mitgeprägt hat. Hier ist sie zu Hause, auch wenn sie noch nicht getauft ist.

Neben ihr stehen und sitzen die Tiere. Einmal ein Pferd, das symbolisch die Knie beugt vor dem Jesuskind. Das Pferd steht hier im Dienst am Menschen. Unsicheren oder durch ihr Anderssein im Leben behinderten Kindern und Jugendlichen baut das Pferd eine Brücke, ist warm, nah, weich und bietet Sicherheit. Neben dem Pferd sitzt ein Hund, den Kopf aufmerksam hochgestellt und mit dem Schwanz wedelnd vor Freude, neue Menschen zu begrüßen. Dies ist Luzie, die „Mitgehhündin“, eine Begleiterin für behinderte Kinder und Jugendliche. Eine Freundin für Kinder, die sich nicht verbal äußern können. Der Kirchenraum ist ihr nicht fremd, wie selbstverständlich gehört sie in den Raum Gottes. In ihrem Platz zu Füßen Marias wird deutlich, dass alle Geschöpfe Gottes in dem weiten Mantel seiner Liebe ihren Ort haben und im Leben wie im Tod diese Heimat nie verlieren.

Die kleinen Fenster 

Die sanfte Wölbung der Rückwand wird durch sieben kleine Fenster belebt. In der die Symbolik der Siebenzahl (vgl. Zahlensymbolik in der Kirche von St. Altfrid) deutet sich die tiefe Nähe zwischen Gott und Mensch an. Diese Gott-Mensch-Gemeinschaft wird in besonderer Weise im Rahmen der Gottesdienste und der Liturgie deutlich und die Teilnehmer sollen erfahren, dass sie herzlich eingeladen sind, mitzufeiern und mitzugestalten, unter anderem auch in der jeweiligen Gestaltung der sieben Fenster.

Die Sonne der Gerechtigkeit 

Wie ein riesiger Ventilator breitet die Deckenlampe weitausladend ihre Arme aus. Ein frischer Wind soll in die Kirche gebracht werden. Denn die Kirche ist von ihrem Wesen immer jung und neu. Daran soll erinnert werden, griffig und handfest. Das Licht der Deckenlampe wird zur Sonne der Gerechtigkeit, zum Licht des Heiligen Geistes, welches das Gesicht der Erde neu macht. Neue Herzen, neues Leben, neue Geschwisterlichkeit sind die schönste Innenausstattung der Kirche und ihrer Glieder.

Der Tabernakel

Der Tabernakel wurde aus der alten Schwesternkapelle im Innenhof mit in die Lioba-Kapelle genommen. Das Reliefbild auf der Tür zeigt die Abendmahlsfeier Christi mit seinen Jüngern. Öffnet man nur die linke Tür und lässt die rechte geschlossen, so sieht man einen einzelnen Menschen im Gespräch mit Jesus – meine persönliche Beziehung zu Jesus Christus.  Das Schlüsselloch weist wie ein Pfeil auf die Gestalt Christi. Jesus Christus steht im Zentrum. Er, der von sich selbst sagt: „Ich bin die Tür“. (Joh.10,9).

Die fünf blauen Fenster 

An der hinteren Mauer links hängen fünf blaue Fenster von Antje Schulz, die sich auf den ersten Blick alle gleichen. Beim näheren Betrachten jedoch beginnt eine Auseinandersetzung im Detail. Der stabile Rahmen präsentiert sich als Teufelskreis, in den die Gesellschaft mit ihren Zwängen, Moden, Konsumdruck und Wohlstandsdenken den einzelnen mit hineinzieht.

Im ersten Fenster nach dem Zugang zum Kirchenraum ist der Rahmen sich seiner Sache so sicher, dass er hochnäsig den Menschen eine Nase ziehen kann, sie absolut nicht ernst nimmt. Der Rahmen hat vor denen, mit denen er sein Spielchen treibt, nicht die geringste Achtung. Menschen sind für ihn Material, Käufer, Kunden, Wähler. Gefühle und Empfindungen zählen nicht.

Im zweiten Fenster zeigt der Rahmen, dass er sich auch über die menschlichen Sinnzusammenhänge erhebt. Dort, wo nämlich von der Logik her Schrauben ihren Platz hätten, entdeckt der Betrachter nun kleine Knöpfe. Es macht zwar keinen Sinn. Aber wenn es Mode ist, dann eben Knöpfe, der Rahmen will es so. Der Rahmen hat alles unter Kontrolle. Es gelingt ihm sogar, seinen Versklavten das Gefühl der Mündigkeit und Freiheit zu suggerieren. Im dritten Bild hat er sein Oberlicht aufgemacht. Aber es ist eine vorgegaukelte Freiheit. Denn anstelle des Scharniers befindet sich ein Metermaß, das alle wieder gleich macht. Der Rahmen ist unersättlich und sich seiner Sache sicher, selbst wenn sie noch so unmöglich ist. Im vierten Bild ersetzen Wasserhähne die Fensteröffner. Und alle machen mit. Denn wer aus dem Rahmen fällt, der ist verloren.

Doch die Illusionen des mächtigen Rahmens kann ich auf den Prüfstand stellen, und zwar wenn ich ihn beim Wort nehme und einen zuverlässigen Handschlag auf den Sinn des Lebens einfordere. Doch welches Entsetzen: Dort, wo der feste Griff des Rahmens vermutet wird, bietet sich eine verfaulte, ekelbereitende, schleimige Bananenschale an. Nicht Festes, nur aufgelöst Zerfließendes, das die Macht des Rahmens entlarvt.

Die fünf Holzfenster 

Der aufgeweichte Händedruck der verfaulten Bananenschale darf nicht bleibend sein. Es geht weiter in den von Antje Schulz gestalteten Holzfenstern. Doch im ersten Fenster sieht man eine Mauer, die das Signal sendet: Hier geht es nicht weiter, es ist unmöglich. Doch für die Hoffnung gibt es keine Unmöglichkeit. Im Rückbesinnen auf meine eigene Freiheit kann ich sagen: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ (Ps.18).

So kann ich im zweiten Fenster in aller Freiheit durch das Guckloch den ersten Kontakt vollziehen. Das Guckloch ist verschließbar. Die Intensität des ersten Kontaktes ist dem Betrachter selbst überlassen. Danach, im dritten Fenster, folgt ein euphorischer Freiheitsdrang. Man will alle sich bietenden Öffnungen aufreißen. Doch gerade dieser Aufbruch kann aus den Fugen geraten, das zeigen die verschiedenen Arten, gerade dieses Fenster zu öffnen. Aber das Innere lebt. Aus dem Rahmen, der mich eingepresst hat, wachsen im vierten Fenster Zweige hervor, eine Einladung, sich an den guten Früchten erkennen zu lassen.

So findet im fünften Fenster eine Blickbegegnung statt, und zwar von außen nach innen, die uns auffordert: „Erkenne dich selbst!“ mit all deinen Grenzen und Möglichkeiten vor Gott.

Jürgen Kuhn
Norbert Rademacher

Das Leben des Heiligen Altfrid

Der Heilige Altfrid (* um 800; † 15. August 874) war als Bischof von Hildesheim, Gründer des Stifts Essen als Keimzelle der Stadt Essen und enger Ratgeber des ostfränkischen Königs Ludwigs des Deutschen eine bedeutende Person des ausgehenden 9. Jahrhunderts.

Leben

Über Altfrid existiert keine zeitgenössische oder auch nur zeitnahe Vita. Seine erste gesicherte Erwähnung datiert vom 3. Oktober 852. An diesem Tag nahm er als Bischof von Hildesheim an einem Konzil in Mainz teil. Über Geburt, familiäre Abstammung und Ausbildung Altfrids ist nichts gesichert, jedoch kann einiges aus anderen Zeugnissen geschlossen werden.

Da Altfrid nach der Hildesheimer Chronik „reich an Tagen“ 874 starb, wird angenommen, dass er ein relativ hohes Alter erreichte, so dass eine Geburt um 800 oder kurz nach diesem Jahr angenommen werden kann. Er war sehr wahrscheinlich vornehmer sächsischer Abstammung; Altfrids Familie besaß Eigengüter im Harzvorland und die Grundherrschaft Asnithi (Essen). Dass er der später kaiserlichen Familie der Liudolfinger angehörte, ist nach neueren Erkenntnissen eher zweifelhaft, da die Liudolfinger erst nach Altfrids Tod Einfluss im Stift Essen gewannen. Wahrscheinlicher ist, dass die Familienverbände versippt waren. Das Erreichen des Amtes eines Bischofs lässt den Schluss zu, dass Altfrid eine umfassende Bildung genossen hatte, wahrscheinlich in einem sächsischen Kloster. Die spätere Geschichtsschreibung des Klosters Corvey reklamiert Altfrid als Konventsmitglied; dies könnte den Tatsachen entsprechen. Da eine eigenhändige Unterschrift Altfrids in karolingischer Minuskel bekannt ist, in der Forscher einen im westlichen Reichsteil gepflegten Regionalschreibstil zu erkennen glauben, und einige Handschriften, die Altfrid als Gründungsausstattung dem Stift Essen übergab, eindeutig im westlichen Reichsteil entstanden sind, wird teilweise auch eine Ausbildung im Westen angenommen.

851 wurde Altfrid Nachfolger des am 20. März dieses Jahres gestorbenen Bischofs Ebo in Hildesheim, wobei Ludwig der Deutsche seinen Einfluss geltend machte. Eine außergewöhnliche Maßnahme Altfrids war, dass er alle von seinem Vorgänger gespendeten Weihen wiederholen ließ, um jede kirchenrechtliche Streitigkeit um deren Gültigkeit – Ebo war mehrfach als Erzbischof von Reims abgesetzt und wieder eingesetzt worden – zu vermeiden. 864 überführte Altfrid Reliquien des Heiligen Marsus von Auxerre an einen unbekannten Ort in Sachsen, möglicherweise die Abtei Corvey; die Predigt Altfrid zur Ankunft der Reliquien ist erhalten. Außerdem legte Altfrid 852 den Grundstein zu einem neuen Dom, einer dreischiffigen, kreuzförmige Basilika mit Vierung und Querhaus, die 872 fertiggestellt und am 1. November 872 in Gegenwart von vier Bischöfen und des Abtes von Corvey geweiht wurde.

Bereits vor der Ernennung zum Bischof hatte Altfrid an der Gründung mehrerer religiös verfasster Frauengemeinschaften mitgewirkt. 845/47 erwarb er in Rom Reliquien der Heiligen Cosmas und Damian. Bei dieser Reise begleitete er möglicherweise Liudolf und dessen Gemahlin Oda, die 846 auf einer Romreise päpstlichen Schutz für die Gründung der Frauengemeinschaft Gandersheim, Dispens für die Ernennung ihrer Tochter Hathumod zur Äbtissin und Reliquien erbaten. Auch den sächsischen Grafen Ricdag unterstützte Altfrid bei der Gründung der Frauengemeinschaft zu Lamspringe, indem er diesem Reliquien des Hl. Hadrian aus Rom beschaffte. Altfrid gründete nach Hildesheimer Überlieferung ferner ein Benediktinerkloster auf eigenem Land im Harzvorland, von dem weder Ort noch Dauer der Existenz bekannt sind. Bedeutender wurde Altfrids andere Gründung, die er auf seinem Eigenbesitz Asthnide am Hellweg vornahm. Die Gründung von Essen erfolgte nicht durch Altfrid allein, sondern vermutlich durch seine gesamte Familie. Erste Äbtissin Essens wurde seine Verwandte Gerswith, die später zu einer Schwester Altfrids erklärt wurde, ohne dass es dafür einen Anhaltspunkt gab. Auch die zweite Essener Äbtissin Gerswith II. gehörte noch zu Altfrids Verwandtschaft. Wie in Hildesheim auch ließ Altfrid in Essen einen Kirchenbau errichten. Der Grundriss dieser karolingischen Stiftskirche wird noch heute von Lang- und Querhaus des Essener Münsters abgebildet. In dieser Kirche wurde Altfrid seinem Wunsch gemäß begraben, das Altfridsgrabmal aus gotischer Zeit steht heute in der nach ihm benannten Ostkrypta.

Diplomat

Altfrid, der in einem Brief des Bischofs Hinkmar von Reims als kluger und nüchterner Denker und mit Beredsamkeit begabt geschildert wird, war ein enger Vertrauter Ludwigs des Deutschen, und ab 860 in den Machtkämpfen zwischen den Reichsteilen des zerfallenden Frankenreiches einer der entscheidenden Unterhändler. 860 nahm Altfrid an dem Treffen zwischen Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen in der Koblenzer Basilika St. Kastor teil, wo die beiden Könige einen Teilfrieden vereinbarten. In den Folgejahren kann eine rege Reisetätigkeit Altfrids festgestellt werden: Im Frühsommer 862 ist er in Asselt an der Maas, später in Compiegne und Savonnières, 864 in Pitres, 865 in Thousey an der Maas und 867 schließlich in Metz bezeugt. Altfrid hatte maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Vertrags von Meersen, mit dem am 9. August 870 Lothringen zwischen West- und Ostfrankenreich aufgeteilt wurde.

Nachwirken

Altfrid wurde an seinem Grab in Essen besonders verehrt. Um die Jahrtausendwende wurden an seinem Grab Wunder berichtet, was die Verehrung aufblühen ließ; auch die als heilkräftig angesehene Wirkung einer unweit des Essener Münsters gelegenen Quelle wurde seiner Fürbitte zugeschrieben. Nach dem Brand der Münsterkirche im 13. Jahrhundert wurde ein gotischer Steinsarkophag für seine Gebeine geschaffen. Das Jahresgedächtnis Altfrids war das festlichste im Memorialdienst des Essener Stiftes. Trotzdem war Altfrid kein kanonisierter Heiliger, und mit der Säkularisation des Stiftes 1803 nahm die Altfridverehrung ab, um erst im Kulturkampf wieder stärker zu werden. Nach der Gründung des Bistums Essen 1958 ersuchte der erste Ruhrbischof in Rom um die Bestätigung der kirchlichen Feier des Festtages des Heiligen Altfrid, die dann 1965 erteilt wurde. Altfrid darf damit seit 1965 als Heiliger verehrt werden, sein Gedenktag ist der 16. August.

(Quelle: Wikipedia)